Es gibt Orte…und es gibt Dreieich

Das kleine, hessische Fleckchen Land Dreieich liegt südlich von Frankfurt. Kann man kennen. Muss man nicht. Wir kannten es bis zum 24.12.2012 auch nicht. Aus einem Weihnachtsgeschenk fielen uns Tickets entgegen. Ein Konzert. Im Burgtheater. Wir waren gespannt, auf

Rainald Grebe – Die Burgentour

Doch, wer ist dieser Mann? Aufgewachsen in Frechen (das ist ein kleines Örtchen ganz nah bei Köln) zog es ihn als junger Mann nach Berlin – er wurde Straßenkünstler. Es folgt ein Studium, ein Diplom für Puppenspiel. In Jena war er am Theaterhaus angestellt. Fans des Quatsch Comedy Clubs kennen ihn bereits seit Jahren. Doch wirklichen Ruhm erreichte er mit seiner Hymne, die Brandenburg gewidmet ist. Die Bühne war und ist sein Leben – und wird es sicher noch einige Jahre sein.

Das Konzert

Nachdem wir froh waren, einen der angeblich zahlreichen Parkplätze an der Burg erkämpft zu haben, liefen vor uns gackernde Weiber Mitte 40. Der Kopfschmerz in meinem Kopf regte sich wie ein hyperaktives Kleinkind auf Speed. Die Aussicht, die kommenden drei Stunden neben Hausmuttis zu sitzen, die bei jedem Wort affektiert herumalbern, stimmte mich nicht glücklich.

Zehn Minuten später saßen wir im Burghof auf stapelbaren Plastikstühlen. Wir stützten uns gegenseitig, denn wir waren beide fix und fertig – mit uns, dem Tag, der Welt. Also beste Voraussetzung, um einen Kulturabend zu überstehen und dem Künstler für seine Leistung angemessen zu huldigen – nicht.

Kurz nach 20 Uhr kam Rainald Grebe auf die Bühne. Weiße Hasenohren, graues Jacket, ein T-Shirt, das mich an meinen Opa erinnerte (und ich mochte meinen Opa sehr), eine graue, unförmige Hose und ein rosa Tutu. Alles in allem nicht der Grebe, den ich aus dem Fernsehen/Internet kannte. Ich war verwirrt. Ich ahnte Böses. Ich wollte heim.

Doch es kam anders. Es gab eine Nebelmaschine, einen Soundcheck, viele Lacher, noch mehr Lieder. Klassiker wie Brandenburg und Dörte wurden jedoch nur angespielt. Und glaubt mir, ich hätte beim Lied über Sachsen oder Sachsen-Anhalt Tränen der Rührung gehabt. Neben dem Wert an Unterhaltung kam aber auch gezielt hier und da ein spitzer Pfeil voller Ironie. Ich mochte es. Det junge Fröllein aus’m Berliner Raum neben mir wusste es nich so richtich einzuordnen. Sie lachte zunehmend weniger, je intelligenter der Text wurde.

Rainald Grebe gab an, dass er bei dem Konzert etwas von sich erzählen wollte. Warum er Künstler wurde. Wie er Künstler wurde. Welche Alltagsphänomene ihm dabei ins Auge sprangen. Das ist ihm gelungen – auch weil es peinliche Fotos aus der Kindheit und Jugend gab und er über sich selbst am besten lachen kann. Es war kein reiner Blödel-Abend eines Comedian, der seine Familienmitglieder für flache Klischeewitze missbraucht. Das ist Rainald Grebe nicht. Er ist Künstler, der klug textet und dazu noch zwei Instrumente beherrscht: seine Stimme und sein Flügel.

Wer die Möglichkeit hat, sollte sich den Herrn einmal ansehen. Trotz meiner Gnatz-LMAAA-Laune war es ein schöner Abend in einer schönen Kulisse.

PS: Lieber Herr Grebe, sollten Sie dank der Google Alerts oder warum auch immer hier gelandet sein: Das Problem, das Sie mit den leeren Deko-Tellern an der Wand haben/hatten, kann ich nur zu gut nachvollziehen. Ich verstand es bei meiner Oma auch nie.

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