Der Kindle und ich

Seitdem ich nicht mehr als Studentin zwischen Hörsaal und der Kasse im Baumarkt pendle, sondern von der heimischen Gemütlichkeit ins Büro, lese ich endlich wieder mehr uniunabhängige Texte. Dank der Literatur kann ich nervige Szenerien im ÖPNV besser ausblenden. Super Sache. Und um dann auch noch mein zweites Zuhause, die Frauenhandtasche, zu entlasten, könnte ich meinen Kindle nutzen. Könnte…

Seit Weihnachten 2011 gehöre ich auch zum damals gefühlt doch recht erlauchten Kreis der eBook-Reader-Besitzer. Jedenfalls fühlte ich das so. In Leipzig. In der Straßenbahn, wenn ich neben anderen sitzen musste. Diese starrten neugierig und rutschten zu sehr in meinen Sitzbereich. Dabei ist mein Eigentum die einfachste Version der Kindle-Reihe ohne großen zusätzlichen Schnickschnack. Das ist vollkommen ok. Bis auf die Tatsache, dass die Tastaturnutzung mich manchmal wirklich etwas nervt – aber ich will mit dem Kindle eigentlich auch keine Romane verfassen.

Ich bekam ihn, weil er auf meinem Amazon-Wunschzettel stand. Mein Bruder dachte, er macht mir eine Freude. Hat er auch. Wirklich. Meine Neugier auf so lustige Gadgets wurde gestillt. Kleine Schwester mit neuem Spielzeug glücklich. Fertig.

Und damals war Amazon auch so nett und hatte Tagesdeals während der Feiertage. Brauchbarer Lesestoff für umme. Hurray \o/ Dann gleich noch ein paar gratis Klassiker geladen. Ab ging die erste starke Lesephase.

Dann lief einige Monate nix zwischen uns. Aber das war nicht schlimm. Die bessere Hälfte hatte sich in einige Werke von Jules Verne verguckt und wollte sie lesen. Also nutzte er ihn. Dann kam eine große Pause von einigen Monden…

Wiederbelebt wurde er dann während meines ersten Praktikums. Pendeln zwischen Mainz und Frankfurt. Reine Fahrtzeit: 40 Minuten. Wer den RMV kennt, weiß, dass es länger dauern kann. Ich arbeitete meine damals heruntergeladenen Inhalte ab. Bram Stokers Dracula in der Originalfassung. Gratis-Angebot der Autoren von Generation Doof. Heilige Scheiße amüsierte mich wider Erwarten mehr, als ich dachte. Einige kleinere Romane und Krimis bzw. Thriller. Versuch an Jules Verne, aber der verstärkte nur meine Müdigkeit. (Sorry) Nachdem ich hier alles abgegrast habe, was mich interessierte, pausierte mein Kindle wieder. Hauptgrund: Ich wollte die Bände von Das Lied von Eis und Feuer zum Anfassen im Bücherregal stehen haben – nach dem Lesen. 

Und genau das ist sicherlich mein Hauptproblem, warum ich den Kindle nicht mehr nutze. Ich möchte ein Buch einfach anfassen, es fühlen, darin Blättern, sein Gewicht in den Handflächen spüren. Außerdem mag ich das warme Gefühl von Räumen, in denen volle Bücherregale stehen. Das hat seinen ganz eigenen Charme und spendet mir – warum auch immer – Trost. Bücher verzaubern mich in ihrer Präsenz mit einem Gefühl der Gemütlichkeit und Ruhe. Ich will einfach, dass Bücher bei mir einziehen und sichtbar ihren Flair versprühen. Basta.

Das hat der Kindle bisher irgendwie noch nicht geschafft – auch wenn er weniger Platz in meiner Tasche einnimmt, meine Wirbelsäule entsprechend entlastet und generell bandscheibenfreundlicher bei Umzügen ist. So eine Kindle-Bücherrei wiegt ja nix. Und wenn man erst an die Einsparung an Papier denkt…

Ich denke, ich werde zukünftig ein Leseverhältnis von 3:1 haben. Dabei gewinnen gedruckte Bücher. Aber hier und da stoße ich wahrscheinlich doch spontan auf ein eBook, dass ich unbedingt schnell parat haben möchte, weil eine Zugfahrt ansteht und mir niemand gewährleisten kann, dass der Presseshop am Bahnhof das Buch vorrätig hat.

Letztendlich liegt es ja nicht am Kindle, sondern an mir, dass unsere Beziehung leicht gestört ist. Seine Lesbarkeit ist klasse, die Bedienung einfach, die Akkulaufzeit unschlagbar. Nur ich steh halt auf etwas mehr Gefühl.

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