Kleider. Ach ja. Ich mag sie, ziehe gerne welche an. Auch an anderen Frauen sehe ich gerne Kleider und denke mir oft: Ach, ist das ein schönes Kleid. Ja, eigentlich liebe ich Kleider und trage doch viel zu selten welche.
Brautkleider sind nun aber eine ganz eigene Kategorie, ja eigentlich schon Liga. Und selbst wenn auf den ersten Blick Brautkleider in ihren Schnittkategorien irgendwie gefühlt alle gleich sind, so sind sie es wirklich beim besten Willen nicht. Schnitt und Material sind beim Brautkleid wohl die wichtigsten Elemente. Chiffon, Seide, Satin, Spitze, Taft, Tüll, A-Linie, Empire, Mermaid, kurz, lang, mit Reifrock oder ohne. Je besser der Stoff und so ausgefeilter das Handwerk, desto hochwertiger und auch kostenintensiver wird es.
Natürlich begann die Recherche nach meinem Brautkleid auch recht schnell nach dem Antrag. Ich stöberte im Netz, in meinen Zeitschriften, schaute mir auf TLC gefühlt jedes Format über Brautkleider und Hochzeiten an. Es gab da schon oft den Moment, dass ich mir dachte: Oahr nee. Geh weg damit. Hin und wieder gefiel mir aber auch ein Kleid oder ein Schnitt. So sammelte ich nach und nach Kleider, die mir optisch gefielen bzw. an denen mir bestimmte Details gefielen.
Ganz verliebt war ich in die Kleider von Pronovias. Ach, was starrte ich sie im Netz an. Nicht alle, da mir an vielen Kleidern viel zu viel Glitzer und Bling-Bling war, aber es gab so ganz schöne, schlichte und trotzdem gut aussehende Brautkleider. Sie flossen quasi nur so dahin am großen, schlanken Modelkörper…
Da ich mich beim Klamottenkauf kenne, wollte ich früh anfangen mit der Suche nach meinem Kleid. Im Oktober trommelte ich meine Eltern und seine Mama zusammen und wir fuhren nach Leipzig. An dem Laden Brautmoden für Männer und Frauen die sich trauen spazierte ich zu Uni-Zeiten regelmäßig vorbei und schaute immer recht verliebt ins Schaufenster. Dass ich hier mal mein Brautkleid kaufen werde, tja, daran war damals gar nicht zu denken.
Selbstverständlich hatte ich vorher einen Termin vereinbart. Meine Kleidbeispiele hatte ich auch dabei. Ich fühlte mich durchaus gewappnet.
So kamen wir im Geschäft an, wurden auch gleich freundlich empfangen und zu „meiner“ Kabine geführt. Nach der Versorgung mit Kaffee bzw. Wasser schaute sich die Verkäuferin meine Vorschläge an und konnte davon auch ein paar Modelle direkt heraussuchen, weil diese vorrätig waren. Dazu suchten wir gemeinsam noch einige Kleider in ähnlichen Varianten aus und los ging die erste Ankleiderunde.
Bewaffnet mit Reifrock (den wollte ich doch eigentlich gar nicht?!) und den Kleidern standen wir in der Umkleidekabine und probierten Kleid für Kleid an, das ich dann präsentierte.
Was im Fernsehen bei vielen Frauen wie der größte Spaß des Lebens aussieht, wurde für mich und mein Selbstbewusstsein leichter Horror. Stellt euch vor, ihr steht da, eingehüllt in teuren Stoffe und eure Jury guckt euch sowas von gleichgültig an. Wahrscheinlich hätte ich mit einem Kartoffelsack bei meinen Lieben mehr Emotion hervorgerufen. Das frustriert unheimlich. Ich hakte nach, was denn alles so falsch sei. Ich sei kein Glitzer, ich sei keine Spitze, ich sei kein zu eng, ich sei kein zu weit. Ja, innerlich fragte ich mich, ob ich Typ Grottenolm sei. Mein Oberkörper sei nun mal kürzer und ja, die Beine auch nicht lang. Ja sorry, für mehr als 162cm reichte es trotz Fruchtzwergen nicht. Und ja, ich fand den Glitzer auch doof. Bei meinem Gemecker über zu viele Pailletten meinte die Verkäuferin immerhin sehr geduldig: Die Schneiderin kann die Ihnen auch alle abtrennen. Klar, ich bezahle wahrscheinlich bei einem 2000€-Kleid Pailetten und Steinchen mit, damit die jemand mühevoll abtrennt. Das wäre mir wirklich zu blöd. (Aber gut zu wissen, dass es den Service gibt.) Da stand ich nun und wollte heulen.
Im Nachhinein war mein eigentliches Problem aber, dass ich mich in den Kleidern ziemlich fett fühlte. Ich trage im Alltag meist eine 34/36. Das ist nicht dick, auch wenn ich an mir selbst Problemzonen wahrnehme, die ich gerne etwas reduzieren würde. In diesen Kleidern, die ich mir zur Mehrheit auch selbst aussuchte, fühlte ich mich wahnsinnig unwohl und ja, auch ziemlich häßlich. Die neutrale Reaktion bzw. das konsequente Kopfschütteln und das ständige „Fränzchen, es muss dir doch gefallen!!!“ gaben mir dezent den Rest, denn nach 12 Kleidern gefiel mir erst eines. Dieses schlug bei den anderen aber nicht so wirklich ein. Kein OMG oder AAAAAWE, wie schön. Es folgten die bereits erahnten Wuttränen sowie der Versuch des Besänftigen mit „Du hast doch noch so viel Zeit. Ach Fränzchen…“
Kapitualation stand jedoch für die Verkäuferin noch nicht zur Debatte – an dieser Stelle Hut ab und Danke dafür! Nach einem kurzen Kriegsrat mit ihr ging es in die zweite Runde. Diesmal suchte sie ein paar Kleider zusammen. Nach den ersten Modellen kam dann auch endlich mal ein „Joah, die Richtung wird es“ von draußen. Ich selbst fühlte mich nun auch etwas wohler in den Kleidern. Als ich das vorletzte Kleid auf dem Bügel sah, wurde mir schon wieder mulmig. Es war die Befürchtung, für gar kein Kleid geeignet zu sein. Ich sah mich in einem unscheinbaren weißen, kurzen Etuikleid mit Blazer heiraten. So schlüpfte ich traurig in das vorletzte Kleid. Es war endlich auch ein Modell ohne nervigen Reifrock. Bevor ich in den Spiegel schauen konnte, lächelte die Verkäuferin sehr zufrieden. Ich drehte mich zum Spiegel und ja, ich fand das Kleid nicht nur toll, sondern mich auch endlich einmal hübsch. Das war dieser ersehnte JAAA!-Moment, an dessen Auftreten ich schon nicht mehr glauben wollte.
Als der Vorhang geöffnet wurde, fing meine Mama direkt an zu weinen. Bestes Zeichen, so blöd das jetzt klingen mag. Seine Mama nickte nur lächelnd und mein Papa wirkte ebenfalls ziemlich zufrieden. Ich drehte mich und fühlte mich einfach wohl. Das Kleid saß natürlich noch nicht perfekt, aber ich hatte endlich das Gefühl, eine echte Braut zu werden.
Den kritischen Moment des Preises an der Kasse überlebte ich zum Glück auch ohne Sauerstoffzelt. Ich würde nicht behaupten, ich hätte dieses Kleid für jeden Preis genommen. Da ist in mir die Vernunft größer. Es ist auch etwas teurer, als erhofft, aber auch entfernt von der absoluten Schmerzgrenze (Die ich durch den Kauf von Schuhen, Tasche und Haarschmuck dann ausreizte *hust*). Da ich an anderen Kleidern an diesem Tag die Schilder sah, muss ich aber sagen, dass es wohl eines der günstigeren Modelle an dem Tag war. Im Schnitt lagen die meisten Kleider zwischen 1.800 und 2.100 Euro, was verdammt viel Geld ist und weit über meinem mir selbst gesetzten Limit liegt.
In der Zwischenzeit habe ich gefühlt eine Million Tipps erhalten, wie ich mich bis zum Schneidertermin und dann dazwischen bis zur Hochzeit zu verhalten habe.
Iss nichts, was bläht. Das bläht tagelang.
Mach keine radikalen Diäten.
Friss aber auch nicht.
Werde nicht schwanger.
Bist du schwanger?
Prüfe, ob es ein Empire-Kleid werden könnte, für den Fall Schwangerschaft.
Trage sexy Dessous.
Trage figurformende Wäsche.
Trage Wäsche, die man nicht durchsieht.
Trage am besten gar keine Wäsche.
Verrate ihm bloß nix zum Aussehen des Kleides.
Verrate aber uns bitte jedes Detail.
Hol es nicht zu früh ab.
Hol es nicht zu spät ab.
Lass es nicht zu spät anpassen.
Lass es nicht zu früh anpassen.
Iss vor der Trauung nichts in dem Kleid.
Iss aber was vor der Trauung.
Übe mit der Trauzeugin das Anziehen so oft wie möglich.
Ziehe das Kleid vor der Trauung nicht zu oft an.
Pack dir eine Häkelnadel ein.
Nimm nichts mit nur Knöpfen.
Nimm nichts mit nur Schnürung.
Nimm keinen Reißverschluss.
Pass auf, dass dir keiner auf das Kleid tritt.
Dir wird jeder auf das Kleid treten, also pass auf.
Du wirst Hilfe brauchen, wenn du auf Toilette gehst.
Trink nicht zu viel, damit du nicht zu oft auf’s Klo musst.
Pass auf, dass dein Brautstrauß zum Kleid passt.
…
Vergangenes Wochenende war nun die zweite Anprobe. Natürlich freute ich mich schon, auch wenn ich die ein, zwei Tage davor doch ein wenig nervös war – aber im positiven Sinne. Nervenraubend war eigentlich nur der Kauf der Unterwäsche im Vorfeld. Prinzipiell hätte ich natürlich gerne das volle Programm für Mission Sexy Hochzeitsnacht, aber Corsage, Slip und Strumpfhalter passen nun nicht zu allen Modellen. So viel sei verraten: Ich wurde fündig – und das ziemlich budgetschonend und hoffentlich auch attraktiv genug für den Zukünftigen.
Nachdem ich im Geschäft wieder bestens umsorgt wurde und wir sogar noch die passende Handtasche und einen kleinen Haarkamm fanden, ging es zur Schneiderin ins Atelier. Wieder rein ins Kleid und rauf auf das Podest. Während die Schneiderin absteckte, konnte ich mich in aller Ruhe ansehen. Ich mochte das Kleid beim ersten Anprobieren wirklich sehr, aber ich denke, an diesem Wochenende verliebte ich mich so richtig. Vielleicht liegt es daran, dass der Tag der Hochzeit näher kommt und die Vorfreude wächst. Aber vielleicht liegt es auch daran, dass ich noch nie einen Einkauf bereute, wenn ich mich von Anfang an in etwas wohl fühlte und der Moment bei der Schneiderin mir ohne erwartungsvolle Blicke anderer ganz mir gehörte. Mein Kleid. Ich.
In ein paar Wochen führt mich mein Papa zu ihm ins Standesamtzimmer. Ich versuche mir jetzt schon immer mal auszumalen, wie er mich anschauen wird. Hier bin ich wirklich gespannt. Meine Mama meint, er wird mich wunderschön finden, aber sie muss das ja quasi sagen, sie ist meine Mama 🙂 Er selbst sagt auch, dass er weiß, dass ich strahlen werde und das für mich perfekte Kleid fand. Hoffentlich strahlen wir gemeinsam, denn geteilte Freude soll ja doppelte Freude sein, ne?!
Ist schon Juli?
Ansonsten habe ich nur noch folgende Ratschläge für alle Zukunftsbräute:
- Nehmt max. 3 Personen mit zur Anprobe. Das sollten Leute sein, die ehrlich sind und euch gut kennen. Zu viele Meinungen sind kontraproduktiv, denn Fakt ist: Kleider sind Geschmackssache. Du musst es lieben, du musst dich drin wohlfühlen. Nur weil Freundin Uschi meint, das ultimative Hochzeitskleid hat einen bauschigen Tüllrock, Corsage und 346484 Glitzerpailletten, heißt das noch lange nicht, dass so euer Kleid auszusehen hat. Die Berater sollten euch sehr gut kennen und auch in eurem Gesicht lesen könne, wie wohl oder unwohl ihr euch fühlt.
- Vereinbart am besten Termine in den Geschäften und fragt nach dem Ablauf. Mir wurde beispielsweise nicht am Telefon gesagt, dass nur die erste Stunde gratis ist. Anschließend würde pro Stunde ein Betrag anfallen, der natürlich bei Kauf eines Kleides wieder verrechnet wird bzw. entfällt. (So entgehen die Läden wahrscheinlich Büchsen-Treffen, die nur aus Jux und Tollerei mal Braut spielen wollen)
- Zieht an dem Tag am besten helle, unauffällige Unterwäsche an und tragt wenig, am besten kein Make-up. Durch Make-up können die Kleider beschmutzt werden und ihr wollt sicher auch in saubere Outfits schlüpfen. Das gleiche gilt übrigens für Parfum und Deo. Nutzt hier am besten Deo, das keine Spuren hinterlässt.
- Seid nicht zu enttäuscht, wenn das Traumkleid aus der Zeitung an einem selbst vollkommen miserabel aussieht. Nicht jeder Schnitt schmeichelt jeder Frau. Wir sind alle unterschiedliche Typen. Eine professionelle Verkäuferin kann euch aber sehr gut beraten, da sie weiß, zu welchem Typ Frau welches Modell passt.
- Mit großer Wahrscheinlichkeit wird euer Kleid nicht das, was ihr euch vorgestellt habt. Bisher hat mir das fast jede Braut bestätigt (eine nähte selbst, dass das ideal war, ist logisch) und auch bei mir war es so, dass ich diesen Schnitt, den Stoff und die Art so nicht erwartet hätte.
- Probiert auch gleich Schuhe und mögliche Unterwäsche an. So wisst ihr, was passt und was nicht. Auch Accessoires & Co. können gleich mit ausgesucht werden, sofern die Zeit, Lust und Budget es mitmachen.
- Fragt bitte außerdem vorher, ob es erlaubt ist, wenn eure Begleitung von den Kleidern der engeren Wahl 2-3 Fotos machen dürfen. Nicht jeder Laden möchte dies.
- Genießt nach der Wahl eures Kleides die Vorfreude!